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Der Lindenbaum

Am Brunnen vor dem Tore
Da steht ein Lindenbaum;
Ich träumt' in seinem Schatten
So manchen süßen Traum.


Ich schnitt in seine Rinde
So manches liebe Wort;
Es zog in Freud' und Leide
Zu ihm mich immer fort.


Ich mußt' auch heute wandern
Vorbei in tiefer Nacht,
Da hab' ich noch im Dunkeln
Die Augen zugemacht.


Und seine Zweige rauschten,
Als riefen sie mir zu:
Komm her zu mir, Geselle,
Hier find'st du deine Ruh'!


Die kalten Winde bliesen
Mir grad' ins Angesicht;
Der Hut flog mir vom Kopfe,
Ich wendete mich nicht.


Nun bin ich manche Stunde
Entfernt von jenem Ort,
Und immer hör' ich's rauschen:
Du fändest Ruhe dort!

Gute Nacht

Fremd bin ich eingezogen,
Fremd zieh' ich wieder aus.
Der Mai war mir gewogen
Mit manchem Blumenstrauß.
Das Mädchen sprach von Liebe,
Die Mutter gar von Eh', -
Nun ist die Welt so trübe,
Der Weg gehüllt in Schnee.


Ich kann zu meiner Reisen
Nicht wählen mit der Zeit,
Muß selbst den Weg mir weisen
In dieser Dunkelheit.
Es zieht ein Mondenschatten
Als mein Gefährte mit,
Und auf den weißen Matten
Such' ich des Wildes Tritt.


Was soll ich länger weilen,
Daß man mich trieb hinaus?
Laß irre Hunde heulen
Vor ihres Herren Haus;
Die Liebe liebt das Wandern -
Gott hat sie so gemacht -
Von einem zu dem andern.
Fein Liebchen, gute Nacht!


Will dich im Traum nicht stören,
Wär schad' um deine Ruh'.
Sollst meinen Tritt nicht hören -
Sacht, sacht die Türe zu !
Schreib im Vorübergehen
Ans Tor dir: Gute Nacht,
Damit du mögest sehen,
An dich hab' ich gedacht.

Wasserflut

Manche Trän' aus meinen Augen
Ist gefallen in den Schnee;
Seine kalten Flocken saugen
Durstig ein das heiße Weh.


Wenn die Gräser sprossen wollen
Weht daher ein lauer Wind,
Und das Eis zerspringt in Schollen
Und der weiche Schnee zerrinnt.


Schnee, du weißt von meinem Sehnen,
Sag', wohin doch geht dein Lauf?
Folge nach nur meinen Tränen,
Nimmt dich bald das Bächlein auf.


Wirst mit ihm die Stadt durchziehen,
Muntre Straßen ein und aus;
Fühlst du meine Tränen glühen,
Da ist meiner Liebsten Haus.

Frühlingstraum

Ich träumte von bunten Blumen,
So wie sie wohl blühen im Mai;
Ich träumte von grünen Wiesen,
Von lustigem Vogelgeschrei.


Und als die Hähne krähten,
Da ward mein Auge wach;
Da war es kalt und finster,
Es schrien die Raben vom Dach.


Doch an den Fensterscheiben,
Wer malte die Blätter da?
Ihr lacht wohl über den Träumer,
Der Blumen im Winter sah?


Ich träumte von Lieb um Liebe,
Von einer schönen Maid,
Von Herzen und von Küssen,
Von Wonne und Seligkeit.


Und als die Hähne krähten,
Da ward mein Herze wach;
Nun sitz' ich hier alleine
Und denke dem Traume nach.


Die Augen schließ' ich wieder,
Noch schlägt das herz so warm.
Wann grünt ihr Blätter am Fenster?
Wann halt' ich mein Liebchen im Arm?

Die Krähe

Eine Krähe war mit mir
Aus der Stadt gezogen,
Ist bis heute für und für
Um mein Haupt geflogen.


Krähe, wunderliches Tier,
Willst mich nicht verlassen?
Meinst wohl, bald als Beute hier
Meinen Leib zu fassen?


Nun, es wird nicht weit mehr geh'n
An dem Wanderstabe.
Krähe, laß mich endlich seh'n
Treue bis zum Grabe!

Der Wegweiser

Was vermeid' ich denn die Wege,
Wo die ander'n Wand'rer geh'n,
Suche mir versteckte Stege,
Durch verschneite Felsenhöh'n?


Habe ja doch nichts begangen,
Daß ich Menschen sollte scheu'n, -
Welch ein törichtes Verlangen
Treibt mich in die Wüstenei'n?


Weiser stehen auf den Straßen,
Weisen auf die Städte zu.
Und ich wandre sonder Maßen
Ohne Ruh' und suche Ruh'.


Einen Weiser seh' ich stehen
Unverrückt vor meinem Blick;
Eine Straße muß ich gehen,
Die noch keiner ging zurück.

Die Nebensonnen

Drei Sonnen sah ich am Himmel steh'n,
Hab' lang und fest sie angeseh'n;
Und sie auch standen da so stier,
Als wollten sie nicht weg von mir.


Ach, meine Sonnen seid ihr nicht!
Schaut ander'n doch ins Angesicht!
Ja, neulich hatt' ich auch wohl drei;
Nun sind hinab die besten zwei.


Ging nur die dritt' erst hinterdrein!
Im Dunkel wird mir wohler sein.

Rast

Nun merk' ich erst wie müd' ich bin,
Da ich zur Ruh' mich lege;
Das Wandern hielt mich munter hin
Auf unwirtbarem Wege.


Die Füße frugen nicht nach Rast,
Es war zu kalt zum Stehen;
Der Rücken fühlte keine Last,
Der Sturm half fort mich wehen.


In eines Köhlers engem Haus
Hab' Obdach ich gefunden.
Doch meine Glieder ruh'n nicht aus:
So brennen ihre Wunden.


Auch du, mein Herz, in Kampf und Sturm
So wild und so verwegen,
Fühlst in der Still' erst deinen Wurm
Mit heißem Stich sich regen!

Einsamkeit

Wie eine trübe Wolke
Durch heit're Lüfte geht,
Wenn in der Tanne Wipfel
Ein mattes Lüftchen weht:


So zieh ich meine Straße
Dahin mit trägem Fuß,
Durch helles, frohes Leben
Einsam und ohne Gruß.


Ach, daß die Luft so ruhig!
Ach, daß die Welt so licht!
Als noch die Stürme tobten,
War ich so elend nicht.

Der stürmische Morgen

Wie hat der Sturm zerrissen
Des Himmels graues Kleid!
Die Wolkenfetzen flattern
Umher im matten Streit.


Und rote Feuerflammen
Zieh'n zwischen ihnen hin;
Das nenn' ich einen Morgen
So recht nach meinem Sinn!


Mein Herz sieht an dem Himmel
Gemalt sein eig'nes Bild -
Es ist nichts als der Winter,
Der Winter kalt und wild!

Mut

Fliegt der Schnee mir ins Gesicht,
Schüttl' ich ihn herunter.
Wenn mein Herz im Busen spricht,
Sing' ich hell und munter.


Höre nicht, was es mir sagt,
Habe keine Ohren;
Fühle nicht, was es mir klagt,
Klagen ist für Toren.


Lustig in die Welt hinein
Gegen Wind und Wetter!
Will kein Gott auf Erden sein,
Sind wir selber Götter!

Der Leiermann

Drüben hinterm Dorfe
Steht ein Leiermann
Und mit starren Fingern
Dreht er was er kann.


Barfuß auf dem Eise
Wankt er hin und her
Und sein kleiner Teller
Bleibt ihm immer leer.


Keiner mag ihn hören,
Keiner sieht ihn an,
Und die Hunde knurren
Um den alten Mann.


Und er läßt es gehen,
Alles wie es will,
Dreht, und seine Leier
Steht ihm nimmer still.


Wunderlicher Alter!
Soll ich mit dir geh'n?
Willst zu meinen Liedern
Deine Leier dreh'n?


Wilhelm Müller  (1794-1827)

Der Hirt auf dem Felsen

Wenn auf dem höchsten Fels ich steh

und singe

Fern aus dem tiefsten dunklen Tal

Schwingt sich empor der Widerhall der Klüfte.


Je weiter meine Stimme dringt,

je heller sie mir widerklingt von unten,

mein Liebchen wohnt so weit von mir,

drum sehn ich mich so heiss nach ihr hinüber.


In tiefem Gram verzehr ich mich,

mir ist die Freude hin.

Auf Erden mir die Hoffnung wich,

ich hier so einsam bin.

So sehnend klang im Wald das Lied,

so sehnend klang es durch die Nacht.

Die Herzen es zum Himmel zieht mit wunderbarer Macht.


Der Frühling will kommen,

der Frühling meine Freud

nun mach ich mich fertig zum Wandern bereit. 

Ave Maria!

Ave Maria! Jungfrau mild,

erhöre einer Jungfrau flehen

aus diesem Felsen starr und wild

soll mein Gebet zu dir hinwehen.

Wir schlafen sicher bis zum Morgen,

ob Menschen noch so grausam sind.

O Jungfrau, sieh der Jungfrau sorgen,

O Mutter, hör ein bittend Kind

Ave Maria!

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